Ehepaar Dieter B., 85 Jahre und Annaluise B. 77 Jahre.
Lebenslauf von Dieter: Er wurde als Ältester von weiteren 3 Geschwistern in einem kleinen Dorf bei ….. geboren. Seine Eltern, Groß- und Urgroßeltern väterlicherseits hatten eine Landwirtschaft mit zwei Pferden, drei Kühe, vier Schweine und etwas Kleinvieh. Als Dieter geboren wurde, lebten die Eltern und der Großvater im gleichen Haus. Mit den Pferden bewirtschafteten sie auch noch die Felder von anderen Bauern. Sein Vater und Großvater haben den Transport von Holz aus dem Wald und Kohle vom Bahnhof mit anderen Kollegen mit den Pferden abgeholt. Ebenso wurden Steine aus dem Steinbruch für den Straßenbau transportiert.
Als er in die Schule kam, waren die ersten beiden und die 3. und 4. Klasse zusammen. Damals bestand die Schulzeit noch aus 7 Klassen. Bei Flieger-alarm mussten alle Schüler und Lehrer in den Keller der hiesigen Schule, welches immer eine freudige Abwechslung für die Schüler war, da dann das Lernen ausfiel. Während der Schulzeit gab es viel Lehrerwechsel, da die Lehrer als Soldaten in den Krieg geschickt wurden. War ein Soldat verwundet und dann halbwegs genesen, wurde er als Lehrer in den Schulen abgestellt. Sobald er wieder einigermaßen gesundheitlich fit war, wurde er wieder zur Front abkommandiert. Deshalb gab es für die Schüler einen vielseitigen Lehrerwechsel. Für die Schüler war dies nicht immer einfach sich alle paar Wochen oder Monate auf neue Lehrer einzustellen.
Im Wald mussten die Schüler Brombeerblätter sammeln, damit die Soldaten davon einen Tee bekamen. Der gefüllte große Sack wurde dann mit dem Leiterwagen nach ….., in die nächst gelegene Stadt gefahren. Dort wurden sie abgeliefert. Ebenso verlief es mit der Sammlung von Bucheckern, aus denen Öl gepresst wurde.Dieter Eltern hatten den ersten Schlepper mit Anhänger im Ort. Die in der Landwirtschaft eingesetzten Pferde wurden während der Kriegszeit zur Wehrmacht eingezogen. Daher war der Schlepper von Dieters Eltern sehr gefragt. Sie fuhren den Mist vom ganzen Ort weg und verteilten es auf die Äcker. Außerdem wurde er per Fahrbefehl verpflichtet das Getreide, das die Bauern abliefern mussten, zur Sammelstelle nach ….. zu fahren. Das war eine aufregende Angelegenheit, da immer wieder Fliegeralarm war. Einmal wurden sie direkt von Jagdbomber mit Maschinengewehre beschossen. Das war auch der Grund, dass sie oftmals die Feldarbeit bei Nacht, ohne Licht, ausführten.
Während des Krieges und auch kurz danach wurde Filderkraut selbst angebaut. Die Setzlinge hierfür holten sie direkt in …… Dazu mussten sie mit dem Schlepper 20 km auf der Autobahn fahren. Damals durften alle motorisierten Fahrzeuge die Autobahn benutzen. Bei der Ernte fuhren sie das Kraut in verschiedene Ortschaften und Städte an die verschiedenen Haushalte, verkauften das Filderkraut zentnerweise und diese verarbeiteten es selbst zu Sauerkraut.
Die Zerstörung von Pforzheim erlebten sie hautnah. Von ….. aus sahen sie wie Pforzheim brannte. Halbverbrannte Bücher flogen bis in ein Dorf, das 13 km entfernt war. Pforzheim brannte lichterloh, weil Phosphorbomben verwendet wurden. Leute sind in die Flüsse gesprungen, weil sie durch die Phosphorbomben getroffen wurden und brannten. Im Wasser erlosch das Feuer, doch als sie wieder aus dem Fluss heraus kamen, brannten sie sofort durch die Lufteinwirkung wieder. Deshalb überlebten nur wenige Menschen das Feuer in Pforzheim.
Am Kriegsende stoppte der Rückzug der deutschen Soldaten in ihrem Dorf für 14 Tage. In ihrem Dorf waren die Deutschen und im Nachbardorf, 2 km entfernt, waren die Franzosen. Sie beschossen sich gegenseitig mit Artillerie und Granatwerfer. Dabei wurden in ihrem Ort viele Häuser beschossen und 13 Menschen kamen aus ihrem kleinen Dorf dabei um. Auch die Dorfkirche wurde total zerstört. Bei ihnen, auf dem Hof, wurde eine ganze Stallwand weggerissen. Dabei wurden viele Tiere von den Granatsplittern und den umherfliegenden Steinen verletzt. Die Strom- und Wasserversorgung ist ebenfalls ausgefallen. Zum Glück waren einige Brunnenschächte im Dorf vorhanden, wo teilweise mit Pumpen und teilweise mit Eimern das Wasser heraufgeholt wurde. Die Dorfbewohner brachten Wasser für die Kühe und tauschten es gegen Milch ein.
Als der Krieg zu Ende ging, war Dieter 13 Jahre alt und die Schüler arbeiteten als Lehrlinge im Handwerk und der Industrie oder in der Landwirtschaft der Eltern mit. Auch Dieter arbeitete auf dem Hof der Eltern mit.
Nach dem Krieg gaben in den kommenden Jahren immer mehr Landwirte ihre Landwirtschaft auf und gingen in die Industrie, wo sie mehr Geld verdienten und auch mehr Freizeit hatten. Die Landwirtschaft von Dieters Eltern wurde dadurch immer größer, weil es in dem Dorf immer weniger Bauern gab. Das war auch der Grund zur späteren Aussiedlung am Rande des Dorfes. Für damalige Verhältnisse war es selbstverständlich, dass die Eltern mit auf dem Hof wohnten und arbeiteten. Der Vater starb mit 76 Jahren und die Mutter mit 93 Jahren.
Lebenslauf von Annaluise B., 77 Jahre: Sie ist die Jüngste und hat noch 3 weitere Geschwister. Sie wuchs bei……, einem Weiler auf. Ihr Großvater hatte den Hof während eines Viehmarktes in ….. per Handschlag gekauft.
Annaluises Vater war im Ersten Weltkrieg und kam heil wieder zurück. Für den zweiten Weltkrieg war er schon zu alt, um eingezogen zu werden.
Sie erlebte den Krieg als kleines Mädchen. Auch sie mussten bei Fliegeralarm in den Keller. Wenn kein Fliegeralarm war, machte sie oft den Ton der Granaten nach. Dann ist die Großmutter immer in den Keller geflüchtet, weil sie Angst hatte.
Auf Annaluises Elternhof wurde das Getreide im Winter von einem Lohndrescher gedroschen und das Stroh zu Hochdruckballen gepresst. Diese Strohballen benutzten, die 10 Tage noch Stellung haltenden Soldaten, um sich in der Feldscheune daraus einen granatensicheren Bunker aufzuschichten. In der Zeit ernährten sich die Soldaten hauptsächlich von Kartoffeln, die eigentlich als Pflanzkartoffeln gedacht waren und ihnen von Annaluises Vater geschenkt wurden. Er meinte: „Nehmt die Kartoffeln. Wer weiß, ob wir sie überhaupt im Frühjahr pflanzen können.“
Annaluise ging nach dem Krieg zu Fuß zur Schule, die drei km entfernt lag. Dort gab es nur einen Lehrer für alle Klassen. Der Konfirmandenunterricht fand fünf km entfernt statt. Auch diesen musste sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigen. Oftmals konnten sie sich bergauf an einen Lastwagen anhängen und so die Steigung ohne Mühe schaffen. Manchmal durften sie auch in den Lastwagenkabinen mitfahren. (Teilweise bis zu 10 Kinder und der Fahrer in der Fahrerkabine).
Als Kind und später Schülerin musste sie bei dem Zuckerrübenanbau von Anfang an mitarbeiten. Zuerst wurden die kleinen Pflänzchen vereinzelt. Später bei der Ernte musste das Kraut der Rüben abgeköpft werden. Danach wurden sie ausgerodet und auf einen Anhänger mit der Zuckerrübengabel geworfen. Das war jedes Mal eine langwierige und schwere Prozedur. Heute ist die schwere Handarbeit von damals im Zuckerrübenanbau voll mechanisiert.
Nach der Schule hatte sie häusliche Landwirtschaft gelernt, dann in diesem Bereich ihre Meisterinnenprüfung gemacht.
Wie fanden sie zusammen und wie ging es dann weiter?
Ein Mädchen fiel Dieter bei einem Landjugendfest auf. Sie war noch eine Schülerin, 14 Jahre alt, hatte Zöpfe geflochten, die rund um ihren Kopf gelegt waren. Das gefiel ihm. Doch da sie noch Schülerin war, hatte er jahrelang immer nur ein Auge auf sie.
Als sie lange Zeit mit der Schule fertig war, ging er zum ersten Mal mit ihr aus. Da war sie 17 Jahre alt. Nach der Schule begann Annaluise eine Ausbildung in der ländlichen Hauswirtschaft. Das letzte Ausbildungsjahr verbrachte sie auswärts. Dieter besuchte sie dort alle 14 Tage mit seiner 250-er BMW (Motorrad).
Ein Jahr später nach Annluises Lehre heirateten sie. Dieter war 28 Jahre alt war. Sie war 8 Jahre jünger und brauchte noch die Einwilligung ihrer Eltern. Sie zog dann zu ihm auf den Hof und beide bewirtschafteten gemeinsam mit seinen Eltern den Hof.
Qaten 8 Jahre jünger. Sie lernten sich in der Landjugend kennen.
‚Sind hier ausgesiedelt , haben frisch gebaut und dann geheiratet. Da hat noch der Schwiegervater unterschreiben müssenb, da seine Zukunftige nochg nicht volljährig war.
Zu Beginn wurde noch das Getreide mit de4r Sense geschnitten. Später kam dann im Ort deie erste kleine Sie-Mähmaschine, wo das Getreide bindet.
Sie bekamen 7 eigene Kinder und adoptierten im Einverständnis mit den eigenen Kindern noch ein weiteres Kind. Dieter und seine Frau lernten während der Schulzeit keine Fremdsprache, was sie immer bedauerten. Deshalb legten sie Wert, dass ihre Kinder immer zu einem Schüleraustausch während der Ferien nach England und Frankreich mitkamen, die sie immer selber organisierten.
Dieter und Annaluise bildeten auch einige Lehrlinge auf ihrem Hof aus, die auch immer bei ihnen wohnten.
Die ersten 18 Jahre, als sie verheiratet waren, konnten sie keinen Urlaub machen. Als das erste Kind das Abi hatte, arbeitete dieses mit in der Landwirtschaft. Ab da konnten sie jedes Jahr einmal für ca.14 Tage in Urlaub fahren – England, Frankreich, Schweiz, Israel, Australien waren dann die Ferienziele. Der 4-wöchige Australienurlaub war ein Geschenk zu unserem 40-jährigen Hochzeitstag und Annaluises 60. Geburtstag von Allen, die uns etwas schenken wollten. Oft besuchten sie auch die Austauschfamilien ihrer Kinder. Wenn sie in Nachbarländer fuhren, bauten sie ihren eigenen Betriebsbus so um, dass es wie ein einfaches Wohnmobil benutzt werden konnte. Sie versorgten sich zum größten Teil selber, damit ein Urlaub überhaupt möglich war.
Zu Beginn des ersten Urlaubes wollten sie ihr mitgebrachtes Fleisch verspeisen und stellten fest, dass es verschimmelt war. Im Nachhinein wussten sie wo der Fehler war. Sie hatten es nicht lange genug gekocht. Das passierte ihnen aber nur einmal.
Das Ehepaar ist froh und dankbar, dass unter den Kindern ein gutes Zusammensein herrscht. Alle Kinder sind inzwischen verheiratet. Dieter und Annaluise haben 23 Enkel, 1 Urenkel.
Ein Familientreffen gibt es einmal jährlich, das irgendwo außerhalb stattfindet. Die Großeltern werden dann bei den Zusammentreffen freigehalten. Die Enkel backen Kuchen. Alle verstehen und tolerieren sich untereinander. Das ist ihnen sehr wichtig und sie und die Kinder, Enkel und Urenkel empfinden dies als ein Geschenk.
Dieter übergab im Rentenalter die Landwirtschaft seinem ältesten Sohn in vollem Einklang mit den anderen Kindern. Sein Sohn, ebenfalls gelernter Landwirt, führt mit seiner Frau bis heute den Betrieb weiter. Sein Sohn hat die Landwirtschaft auf Bio umgestellt und die von Dieter und Anneliese im Kleinen angefangene Hofkäserei baute er so aus, dass die gesamte Milchproduktion im eigenen Betrieb verarbeitet und vermarktet wird.
Dieter und Anneliese wohnen weiterhin auf dem Hof.
Seit 70 Jahren ist Dieter aktiv im Posaunenchor. Seit der Hochzeit singen beide zusammen im Kirchenchor.
Russlanddeutsche aus seinem Dorf nennen Dieter „Großvater Noah“, weil er einen weißen Bart und weiße Haare hat und so aussieht wie der Noah in den kleinen Kinderbibelheften.
Der technische Wandel in der Landwirtschaft in den letzten zwei Generationen:
Die früheren Generationen arbeiteten über Jahrzehnte hinweg ohne jegliche Hilfe von Maschinen. Die Menschen erledigten alles in der Landwirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes mit ihrer Hände Arbeit.
Die letzten 80 Jahren wurde die Landwirtschaft einen gewaltigen Wandel ausgesetzt:
So wurde die Elektrizität installiert, wo es vorher nur Petroleumlampen gab.
Wasserleitungen wurden verlegt. Früher musste das Wasser aus dem Brunnen geholt werden.
In unserem Ort gab es früher 5 Telefonanschlüsse und 5 Autos. Heute hat jeder Haushalt Telefon und viele Familienmitglieder benutzen zusätzlich ein Handy. Heutzutage hat in der Regel jede Familie mindestens ein Auto.
Die Handarbeit wurde von den Maschinen verdrängt.
Früher wurde das Getreide von Hand ausgesät. Der Landwirt hatte das Saatgut in einem umgehängten Sack vor sich hängen. Heute gibt es vom Schlepper gezogene Sämaschinen; zum Teil über Satellit gesteuerte Computer.
Früher wurde die Getreideernte mit Sichel und Sense erledigt. Ein mit Pferden gezogener Balkenmäher wurde abgelöst von Mähbindern, die das Getreide auf dem Feld in kleine Bündel band. Heute gibt es Mähdrescher, die die Arbeit viel leichter und effektiver erledigen.
Früher wurden die Kühe von Hand gemolken. Die Milch wurde in Eimern gesammelt. Dann folgte die Vacuum-Melkmaschine, wo die Milch in Kannen oder Leitungen abgepumpt wurde. Heute gibt es Melkstände oder computergesteuerte Melkroboter.
Das Dreschen des Getreides wurde mit dem Flegel ausgeführt. In dem Ort von Dieter gab es einen Bauern, der sein Getreide noch auf die Art und Weise drosch (1940). Danach wurde mit der Dreschmaschine gedroschen angetrieben mit im Kreis gehenden Pferden über einen Göbel. Später wurde die Dreschmaschine mit einer Dampfmaschine betrieben. Heute wird diese elektrisch angetrieben bzw. fast alles mit Mähdrescher geerntet.
Die Transportarbeiten erledigte man zuerst mit selbst gezogenen zweirädrigen Handkarren. Später zogen Pferde, Ochsen und Kühe die beladenen Waren. Kurz darauf ersetzten Traktoren die Tierarbeit. Das letzte Kuhgespann fuhr ein Kollege von ihnen bis 1960.